#355 Erklär mir Medizin-Anthropologie, Doris Burtscher

In Krisengebieten reicht es nicht, einfach mit weißen Kitteln und Medikamenten anzukommen. Doris Burtscher, Medizinanthropologin bei Ärzte ohne Grenzen, erklärt Andreas: Erfolgreiche medizinische Hilfe beginnt mit Verstehen, nicht mit Behandeln.

🙆 Doris Burtscher ist Kultur- und Sozialanthropologin. Seit Oktober 2011 erstellt sie für Ärzte ohne Grenzen Studien zur kulturellen Wahrnehmung von Gesundheit und Krankheit sowie den Umgang damit.

Diese Bücher empfiehlt Doris:

1. Une médecine inhospitalière (Deutsch: „Eine nicht-willkommensfreundliche Medizin“), Jean-Pierre Olivier de Sardan, Yannick Jaffré. Analyse, wie Patienten in westafrikanischen Gesundheitseinrichtungen empfangen werden. Zeigt die Bedeutung des „Willkommen-Seins“ in der Medizin.

2. Der scharlachrote Gesang, Mariama Bâ. Roman über die Ehe zwischen einem senegalesischen Lehrer und seiner französischen Frau. Bietet tiefe Einblicke in gesellschaftliche Strukturen und Familienbeziehungen in Westafrika sowie die Herausforderungen interkultureller Beziehungen.

3. Into the Quick of Life: The Rwandan Genocide – The Survivors Speak, Jean Hatzfeld. Überlebende des Völkermords sprechen über ihre Erfahrungen. Wichtig zum Verständnis der historischen Wurzeln aktueller ostafrikanischer Konflikte.

Doris‘ Shoutout für Medien

1. Radio Ö1. Qualitätsjournalismus und morgendliche Information (Morgenjournal um 7 Uhr)

2. Der Standard. Tageszeitung für vertiefende Analyse

Was nehme ich mir mit?

1. Was Medizinanthropologie ist. Doris zeigt schön, wie wichtig es ist zu verstehen, wie verschiedene Kulturen mit Krankheit umgehen. Nicht überall entscheidet man alleine, zum Arzt zu gehen – oft sind es Familienentscheidungen, besonders die Schwiegermutter hat oft das Sagen.

2. Die Macht des Verständnisses. Der traditionelle Heiler im Senegal war nicht nur Mediziner, sondern auch Berater, Seelsorger und wichtige Bezugsperson. Menschen brauchen Zeit, Aufmerksamkeit und das Gefühl, verstanden zu werden – nicht nur eine schnelle Diagnose. Egal ob im Senegal oder in Österreich.

3. Brücken statt entweder-oder. Es geht nicht darum, traditionelle gegen moderne Medizin auszuspielen, sagt Doris. Die Kombination macht's – wie die Frau, die sowohl Antibiotika nahm als auch zum Heiler ging. Man hat im Gespräch gemerkt, dass Doris und ich da ein bisschen anders ticken, aber solange man evidenzbasierte Medizin nicht untergräbt, soll mir alles recht sein, was Menschen hilft.

 

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