Nach der Wahl in der Türkei: Auf welche Seite schlägt sich Erdogan?

Erdoğan steuert auf bald ein Vierteljahrhundert an der Macht zu. Wie demoralisiert ist die Opposition in der Türkei? Und mit einem wie selbstbewussten Führer wird der Westen zu tun haben?

Am Ende war es doch eindeutig: Recep Tayyip Erdoğan bleibt Präsident der Türkei und könnte damit ein Vierteljahrhundert an der Macht komplettieren. Die Frage ist: Wofür wird er seine Macht nutzen? Wird er nach dem Ende des Wahlkampfs wieder offen sein für neue Verhandlungen? Schlägt er sich eindeutiger auf die Seite des Westens und der Nato - oder geht er weiter auf Putin zu und verfestigt die Achse Türkei-Russland?

Da das Wunder des Machtwechsels ausblieb, wird das Hoffen auf mehr Demokratie in der Türkei fürs Erste genau das bleiben: eine sehr leise Hoffnung. Eine Kehrtwende ist hier nicht zu erwarten. Denn in den letzten Jahren hat sich der Umgang mit Kritikern und freiem Journalismus immer weiter verschärft – und auch im Wahlkampf wurde gezielt auf Desinformation gesetzt.

Wie geht die Opposition mit der Niederlage um? Die Hoffnungen auf Kemal Kılıçdaroğlu wurden enttäuscht, und auch der Hoffnungsträger enttäuschte einige seiner Anhänger mit einem verzweifelten Versuch, vor der Stichwahl seinen Gegner noch rechts außen zu überholen. Nun muss die Opposition sich neu sammeln und erstmal wieder neue Einigkeit finden. Denn nach der Wahl ist vor der Wahl - und die nächsten Kommunalwahlen in Istanbul werden heiß umkämpft werden.

»Die Frage ist, wie viele Rückschläge, Niederschläge eine Opposition einstecken kann. Da irgendwann nicht komplett demoralisiert zu sein, nicht fatalistisch zu sein, ist schwer. Und viele denken tatsächlich auch darüber nach, das Land zu verlassen, sagt Max Popp nach Gesprächen mit Menschen, die bei dieser »Schicksalswahl« an eine Wende glaubten. Jetzt werden islamistische Splitterparteien auf dem AKP-Ticket mit regieren und die Konsequenzen davon sind nicht abzusehen.

»Da wird sich die demokratische Zivilgesellschaft zu Recht bedroht fühlen. Da gibt es Stimmen aus diesen Parteien, die sagen zum Beispiel alleinstehende Frauen, derer müsse man sich annehmen - das lässt nichts Gutes erahnen. Auch Frauenorganisationen sind alarmiert und schauen sich das ganz genau an, was aus der Ecke kommt«, beobachtet Özlem Topcu. Beide Popp und Topcu waren über Wochen im Land, um über den Wahlmarathon zu berichten.

Warum ausgerechnet Menschen mit türkischem Pass in Deutschland in dem unrühmlichen Ruf stehen, Erdoğan zu dem entscheidenden Vorteil verholfen zu haben und woher diese Nähe zu Erdoğan historisch kommt, auch darüber sprechen wir in dieser Episode des SPIEGEL-Auslandspodcasts Acht Milliarden.

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