Endet die Ära Erdoğan?

Seit zwei Jahrzehnten herrscht Recep Tayyip Erdoğan
die Türkei, am kommenden Sonntag könnte die Macht des sogenannten »Übervaters« bröckeln. Würde er eine Niederlage akzeptieren? Was, wenn nicht?

So viel ist klar: Es wird eng. Seit Wochen prognostizieren Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen in der Türkei, wenn es um die nächste Präsidentschaft geht. Der jüngst etwas kränkelnde Erdoğan hat sich auf den letzten Metern wieder voll in den Wahlkampf begeben – scheinbar voller Energie. Sein Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu, der besonnene Oppositionsführer, hat dennoch erstmals Chancen, seinen Beinamen »der ewige Verlierer« loszuwerden.

Wer Zeichen von Zeitenwende sucht, findet sie in diesem Jahr kalendarisch: 2023 regiert Autokrat Erdoğan 20 Jahre, die Gezi-Proteste jähren sich zum 10. Mal. Und die Republik Türkei feiert ihren 100. Geburtstag.

Der Türkei könnte eine neue Zäsur bevorstehen, sollten die Wählerinnen und Wähler trotz der akuten Wirtschaftskrise und geopolitischen Herausforderungen ein Wagnis einer Wende eingehen. Haben sie den Mut dazu? Gibt der Herausforderer Kilicdaroglu ihnen die nötige Zuversicht?
Oder halten die Konservativen Kurs? Und wo wurde der Kampf für Erdogans Wiederwahl eigentlich am engagiertesten geführt?

Die letzte Frage beantwortet SPIEGEL-Redakteurin Katrin Elger. Sie hat den Frauenarm der AKP in Deutschland beobachtet, einen Straßenwahlkampf, der bis in die Wohnzimmer reichte: »Sie kommen dann und bringen Wahlwerbung vorbei. Und dann bekommt man auch noch eine Tasse mit Erdogans Gesicht darauf und ein paar Kekse, selbst gebacken in Form betender Hände.« Ein nicht zu unterschätzendes Engagement: »Bei einem knappen Ergebnis könnten die Türkinnen und Türken hier die Präsidentenmacher werden«, meint sie.

Dass Erdogan eine knappe Wahlniederlage tatsächlich anfechten könnte, schließt Maximilian Popp zumindest nicht aus: »Es hängt dann nicht nur von Erdogan ab. Vieles wird dann abhängen von: Wie verhält sich die Bürokratie? Wie verhält sich der Staatsapparat, wie verhalten sich die Sicherheitskräfte?« Popp erlebte als SPIEGEL-Korrespondent in der Türkei, wie die Regierung von Jahr zu Jahr autoritärer wurde. Sein Wunsch für den kommenden Sonntag: »das Wichtigste ist, dass diese Wahl halbwegs demokratisch abläuft.«

Wie ein türkischer Neuanfang aussehen könnte, warum Kilicdaroglu nicht nervös wirkt und was eigentlich vom »Gezi-Vibe« im Land übrig geblieben ist, darüber sprechen wir in dieser Episode des SPIEGEL-Auslandspodcasts Acht Milliarden.

Links zu dieser Episode: 

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