Geometrische Analysis

Geometrie und Analysis sind auf den ersten Blick zwei sehr unterschiedliche Disziplinen in der Mathematik. Wie sie jedoch wunderbar zusammenpassen, erläutert Prof. Dr. Tobias Lamm im Gespräch mit Gudrun Thäter.

Ein klassisches Beispiel für die geometrische Analysis ist das Problem der Dido: Wie kann man bei festgelegtem Umfang ein möglichst großes Gebiet abstecken? Es geht also darum den Flächeninhalt unter einer Nebenbedingung zu maximieren, und das ist ein typisches Variationsproblem, das stark von der gegebenen Geometrie abhängt. Ein anderes Beispiel sind Minimalflächen, wie man sie beim Olympiastadion in München und Seifenblasen sehen kann.

Überraschenderweise sind Minimalflächen nicht immer eindeutig. Ein Weg dies zu analysieren geht über die Beschreibung des Problems durch Partielle Differentialgleichungen. Oft kann man über das Maximumsprinzip die Eindeutigkeit beweisen: Bei linearen elliptischen partiellen Differentialgleichungen sagt das Prinzip aus, dass das Maximum entweder auf dem Rand angenommen wird oder konstant ist. Betrachtet man nun die Differenz zweier angenommen unterschiedlicher Lösungen zu gleichen Randwerten, so folgt, dass die Differenz wegen der Linearität auch eine Lösung ist, und wegen des Maximumprinzips konstant 0 ist. Damit waren als Resultat dieses Widerspruchbeweises die zwei Lösungen identisch. Bei allgemeineren, u.a. nicht-linearen, Problemstellungen muss dieses Prinzip nicht unbedingt gelten, und so kann es zu mehreren Lösungen zur gleichen Aufgabenstellung kommen.

Aktuelle Forschungsbereiche in der geometrischen Analysis sind der mittlere Krümmungsfluss und die geometrische Evolutionsgleichung im Allgemeinen. Ebenso geht es um die Frage, mit welcher minimalen Regularität für die Anfangsdaten, noch eine Lösung rekonstruiert werden kann. Ein weiteres Forschungsgebiet sind die recht jungen Willmore-Flächen.

Das Willmore-Funktional ist sehr eng verwandt zur Plattengleichung, d.h. der Approximation des Durchbiegens von Platten. Es hat aber auch Anwendungen in der Zellbiologie in der Modellierung der Form der Zellen. Letztlich kommt es auch in der allgemeinen Relativitätstheorie zum Einsatz.

Sehr aktuell ist der Beweis der Poincaré-Vermutung, die 2002 von Perelman bewiesen werden konnte.

Literatur und Zusatzinformationen